Das gute Gespräch - Erfahrungen aus dem Gordon-Kommunikationstraining
- „Ich bin das gar nicht gewohnt, daß mir jemand so lange zuhört.“
- „Ich wollte eigentlich ständig etwas sagen oder etwas fragen, doch das sollten wir ja nicht.“
- „Ich fand das richtig schön, daß mir mal jemand 3 Minuten lang zugehört hat.“
Sie lesen richtig. Es geht um 3 Minuten. Einer der ersten Übungen zu zweit in meinem Kommunikationstraining nach Thomas Gordon (Autor von „Familienkonferenz“) bitte ich die Teilnehmer/innen sich zu zweit zusammen zu tun.
Der eine soll dem anderen etwas zu einem Thema sagen, daß ich vorgebe und der andere hört nur zu. Es ist ihm weder erlaubt zu unterbrechen, noch nachzufragen. Er/ sie soll nur einfach einmal bewußt und anteilnehmend zuhören.
Lediglich ein „Aha“ oder „Oh“ oder ein „Mmh“ seien erlaubt und wenn man etwas akustisch nicht verstanden hat, darf nachgefragt werden. Die Teilnehmer/innen genießen diese Übung sehr, doch es ist für manche auch ungewohnt. Denn sie sind es nicht gewohnt, daß ihnen jemand „so lange“ zuhört und dabei nichts sagt.
Für andere wiederum ist es befreiend, sich selbst zu Ende sprechen zu hören, sie lernen sich selbst wieder besser kennen.
Das gute Gespräch.
Was macht eigentlich ein gutes Gespräch aus? Anteilnahme ist wichtig. Und es bedarf manchmal gar nicht vieler Worte. Ich hatte einmal ein Erlebnis in einem Gasthaus.
Ich mußte zu Dreharbeiten und war deswegen schon morgens um 7.00 Uhr die Erste im Frühstücksraum. Als ich hineinkam, spielte wunderschöne Musik von Loreena McKennith, es brannten Kerzen vor Familienfotos. Es war ein kleiner Gasthof. Der Inhaber saß schon da, über seiner Buchhaltung. Er fragte mich freundlich, was ich zum Frühstück wünschte und brachte es mir dann. Dann meinte er, ich solle mich nicht wundern, daß so viele Kerzen brannten, doch seine Frau und seine Tochter wären bei dem Zugunglück in Eschede dabei gewesen. Seine Frau wäre dabei gestorben und seine Tochter rannte durch die verbrannten Waggons und suchte ihre Mutter. Es ginge ihr jetzt verhältnismäßig gut ... Und die Musik war die Lieblingsmusik seiner Frau ....
Ich war so betroffen, daß ich überhaupt nichts sagen konnte. Mehr als „Oh, das tut mir leid..“ und irgendwelche belanglosen Worte brachte ich gar nicht heraus. Ich nickte ab und zu, schüttelte den Kopf über die Dinge, die er und seine Kinder durchmachen mußten.
Der Mann redete und redete, er sprach sich Einiges von der Seele. Und am Schluß bedankte er sich mehrmals für das gute Gespräch und schüttelte mir herzlichst die Hand – dabei hatte ich gar nichts gesagt.
Damals wußte ich nichts von Gordon-Kommunikationstechniken, meine Sprachlosigkeit war lediglich auf meine Betroffenheit zurückzuführen. Ich weiß noch, wie ich mich hinterher fragte, wie ich denn sonst hätte reagieren sollen. Ich wußte es nicht. Dumme Ratschläge geben zu einer Situation, die man wohl kaum nachempfinden kann?
Im Gordon-Kommunikationstraining beschäftigen wir uns sehr ausführlich damit unseren Mitmenschen ein hilfreicher Gesprächspartner zu sein. Die Erfolge, die der Einzelne dann in der Gruppe erzählt, berühren uns oft tief. Da viele Mütter in der Gruppe sind, geht es um die Eltern-Kind-Beziehung, jedoch auch um das Verhältnis zu Partnern oder Arbeitskollegen.
Das, was so hemmend auf den Redefluß eines anderen einwirkt, nennen wir im Gordon-Training „Kommunikationsblockaden“. Dazu gehören zum Beispiel: ablenken, indem man von sich erzählt, Ratschläge erteilen, Lösungen vorschlagen, interpretieren, beurteilen, loben.
Warum ist das hemmend, man meint es doch nur gut? Der gute Wille soll auch nicht abgesprochen werden, es ist allerdings so, daß hinter einer Aussage oft mehr steckt, als zunächst ersichtlich ist. Das merken wir beim „aktiven Zuhören“. Aktiv zuhören tun wir dann, wenn jemand ein Problem hat, und da kann es sein, daß wir mit dieser Technik überhaupt erst zum eigentlichen Problem kommen, anstatt über das „Oberflächen-Problem“ zu reden.
A propos „Problem“ und „Problem-Besitz“;
zu unseren ersten Übungen gehört unterscheiden zu lernen, wer in einer Situation eigentlich das Problem hat. Bin ich es oder ist es der andere? Warum ist das wichtig? Weil wir uns allzu oft die Probleme anderer Leute zu Eigen machen und den anderen damit ihre Verantwortung und ihre Würde nehmen. Auch Kindern dürfen eigene Probleme zugestanden werden, nur so lernen sie, daß sie sie selbst lösen können.
Das gibt Selbstbewußtsein.
Menschen mit Helfersyndrom machen sich ständig die Probleme anderer Menschen zu Eigen, reiben sich dabei auf, verzehren ihre Kräfte und nehmen damit den anderen ihre Erfolgserlebnisse. Das Gordon-Training lehrt, daß Kinder mit uns auf einer Stufe stehen. Es gibt kein auf sie hinunter schauen. Doch es gibt auch kein zu ihnen hinauf schauen.
Eltern sind wichtig, Kinder sind wichtig, die Familie ist wichtig. Jeder hat seine Bedürfnisse und das Recht sie zu befriedigen, solange er andere nicht in ihrem Wohlbefinden stört. Darüber kann man ja reden. Dafür lehrt das Gordon-Training unterschiedlichste Techniken.
Sehr wichtig sind auch die „selbstbehauptenden Ich-Botschaften“. Es ist wichtig von den eigenen Gefühlen, Gedanken und Meinungen zu sprechen. Eltern, die das tun, geben ihren Kindern das Vorbild, das man Gefühle zum Ausdruck bringen darf, daß man eine eigene Meinung haben darf, daß es wichtig ist, seine Gedanken mitzuteilen.
Besonders Menschen mit noch nicht so ausgeprägtem Selbstbewußtsein erhalten mit den selbstbehauptenden Ich-Botschaften mehr Gewicht im täglichen Dialog mit ihren Mitmenschen. Das ist sehr wichtig, um nicht übergangen zu werden. Ich-Botschaften sind notwendig, damit Kinder und Partner uns besser verstehen. Versteht uns der andere besser, intensiviert das unsere Beziehung. Wir können schneller wieder aufeinander zugehen.
Eine interessante Erfahrung aus den Trainings ist auch „Ich weiß gar nicht, was ich fühle.“ Oder „Ich weiß gar nicht, wie sich mein Kind verhält, wenn es ein Problem hat.“ „Ich habe Angst die konfrontierende Ich-Botschaft anzuwenden, weil ich niemanden vergraulen möchte.“ Wir machen viele Kompromisse zugunsten einer vermeintlichen Harmonie. Dabei kann gerade ein Konflikt etwas sehr Bereinigendes haben und die Beziehung auf eine neue Ebene heben, in der Austausch zukünftig intensiver und offener möglich ist.
Nach absolviertem Gordon-Training beherrscht man die Techniken nicht zu 100 % und zum Glück ist man auch noch der/ die vertraute Person, die man vorher war. Es kann jedoch sein, daß Sie Ihren Mitmenschen noch vertrauter sind, durch Selbstöffnung und Mut in der Kommunikation. So führt die Teilnahme dazu, daß sich Kursteilnehmer/innen ruhiger und gelassener fühlen, daß sie sich besser mitteilen können und Konflikten nicht mehr aus dem Weg gehen - und daß die Beziehung zu Kindern, Partner und Arbeitskollegen sich verbessert haben.
Nähere Informationen bei:
Dagmar Fischer
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Dagmar Fischer ist autorisierte Kursleiterin für Gordon-Familientraining und zur Zeit in der Ausbildung zur Psychotherapeutin.
In Lindau finden regelmäßig offene Informationsabende zu diesem Training statt.
Diesen und andere Beiträge zu Psychologie und naturheilkundlichen Themen finden Sie in der neuesten Ausgabe des Magazins Naturheilverfahren & Lebensthemen Nr. 4, erhältlich in allen Bahnhofsbuchhandlungen.